Entscheidet die Größe mit über die Agilität einer Organisation?

Zusammenfassung der wichtigsten Punkte:

  • 81% aller Unternehmen sehen in Agilität den Schlüssel zum Erfolg … Aber rund die Hälfte aller Initiativen zur Steigerung der Agilität scheitern.
  • Für viele große Organisationen stellen historisch gewachsene Strukturen und Praktiken eine Belastung dar. Sie behindern ihre Bemühungen, agil zu arbeiten.
  • Etablierte Unternehmen können die Agilität ihrer Organisation steigern, wenn sie erkennen, dass sie dazu eher ihre Einstellung als ihre Prozesse ändern müssen.

„Agilität ist das nächste große Ding“ könnte das Motto unserer Zeit lauten. Agile Methoden und Agilität als umfassendes Managementkonzept sind in aller Munde. Praktisch jedes Unternehmen weltweit strebt die „agile Transformation“ an, einen Wandel in der Organisation mit dem Ziel, ihre Anpassungsfähigkeit an Veränderungen zu erhöhen.Doch nur die Hälfte der Unternehmen, die versuchen, agilere Management- und Arbeitsmethoden einzuführen, haben damit Erfolg. Zu den Verlierern zählen auch große und angesehene Unternehmen mit einem anerkannt guten Management. Was wäre, wenn solche Unternehmen einfach deshalb nicht agil arbeiten könnten, weil sie zu groß sind?

Warum alle Unternehmen agil werden wollen

Das Konzept der Agilität lässt sich kaum mehr ignorieren. Der Druck, agiler zu werden, ist mittlerweile überall in der Geschäftswelt und darüber hinaus zu spüren. Um zu verstehen, warum immer mehr Unternehmen diese Idee verfolgen, müssen wir zunächst definieren, was genau wir unter “Agilität” verstehen.

Alles begann in der Softwareentwicklung im Jahr 2001. Eine Gruppe von IT-Spezialisten entwickelte einen neuen Ansatz, das “Agile-Framework”. Dabei handelt es sich um eine weniger aufwändige Methodik in der Produktentwicklung und im Projektmanagement.

Sie empfiehlt eine inkrementelle Produktentwicklung und eröffnet Unternehmen eine schnellere und effizientere Möglichkeit, Projekte und Produkte in einem Umfeld ohne Planungssicherheit zu verwalten. Das funktioniert so gut, dass sich agile Software Delivery Frameworks sehr schnell in der Softwareentwicklung und darüber hinaus durchsetzen konnten.

Tatsächlich entstand im Zuge ihrer wachsenden Popularität ein weiteres, ähnlich angelegtes Managementkonzept: Agilität in Organisationen. Diese Form der Agilität kann definiert werden als “die Fähigkeit einer Organisation, sich selbst zu erneuern, anzupassen, schnell zu verändern und erfolgreich zu sein in sich schnell wandelnden, ungewissen und turbulenten Umgebungen”.

Heute erkennen Unternehmen eindeutig den potenziellen Nutzen dieser organisatorischen Agilität: ein Bericht von Forbes Insights für die Scrum Alliance besagt, dass 81 % der befragten Unternehmen diese Agilität als Schlüssel zu ihrem Erfolg betrachten. Und das aus guten Gründen: Die Unternehmen, die agile Arbeitsweisen erfolgreich eingeführt haben, berichten von verkürzten Entwicklungszeiten (60 % der befragten Unternehmen), schnellerer Innovation (59 %), besseren, nicht-monetären Ergebnissen (58 %) und verbesserter Arbeitsmoral ihrer Beschäftigten (57 %).

Dies erklärt den momentanen Hype rund um Agilität. Allerdings stellt sich die Frage, warum nicht alle Unternehmen dieses Konzept längst übernommen haben.

Welche Faktoren behindern die erfolgreiche Einführung agiler Arbeitsweisen?

Tausende Unternehmen auf der ganzen Welt berichten von erheblichen Vorteilen, die sie mit der Einführung von agilen Managementmethoden erzielen konnten. Dennoch bleibt die Tatsache, dass rund die Hälfte aller Initiativen zur agilen Transformation scheitert.

Zu den häufigsten Hindernissen auf dem Weg zum agilen Unternehmen zählt die bisherige Organisation von Arbeitsabläufen. Die Umstellung des operativen Betriebs und sämtlicher Aktivitäten eines ganzen Unternehmens erfordert bedeutende Veränderungen in allen Bereichen: Arbeiten in Aufgabenpakete unterteilen, um kleine, effiziente und funktionsübergreifende Teams zu schaffen, Hierarchien abbauen, um eine produktive Arbeitsatmosphäre zu fördern etc.

Darüber hinaus können menschliche oder kulturelle Barrieren der Agilität im Wege stehen. Agilität als Managementkonzept wird nicht von allen Unternehmensführern und Entscheidungsträgern gleichermaßen verstanden und geschätzt. Manche von ihnen favorisieren weiterhin einen eher konventionellen Führungsstil. So betrachten 36 % der Verantwortlichen in großen Unternehmen Agilität lediglich als Schlagwort.

Hinzu kommen langjährig Beschäftigte, die nach dem Bericht von Forbes Insights für die Scrum Alliance die Einführung agiler Arbeitsweise oft besonders entschieden ablehnen. Entsprechend erfordert eine erfolgreiche Einführung von Agilität nicht nur Veränderungen in den Führungsebenen und in Managementprozessen. Es bedarf auch eines effektiven Change Managements für die Beschäftigten.

Kann jedes Unternehmen agil werden

Angesichts der umfangreichen und komplexen Herausforderungen erscheinen kleinere Unternehmen besser geeignet für agile Arbeitsweisen. Unbewusst assoziieren wir meist Agilität mit Unternehmergeist und überschaubaren Strukturen.

Das erscheint folgerichtig: Etablierte Unternehmen bringen Altlasten mit. Sie kämpfen mit Top-Down organisierten Hierarchien im Management, Prozessen und Kontrollmechanismen sowie mit althergebrachten Arbeitsweisen und Gewohnheiten.

Das Scheitern gigantischer Konzerne wie GE an der Einführung agilerer Arbeitsweisen passt in dieses Bild.

Bedeutet das, dass agile Managementmethoden in Großunternehmen einfach nicht funktionieren? Die Tatsachen sprechen eine andere Sprache. Walmart, Verizon oder eBay sind nur einige der vielen großen Unternehmen, die in den vergangenen Jahren ihre Organisation agiler gestalten konnten und agile Methoden erfolgreich eingeführt haben. Weitere Beispiele sind die niederländische Bankengruppe ING und der Musik-Streaming-Dienst Spotify. 

Was sind also die Kriterien und Voraussetzungen für organisatorische Agilität besonders in etablierten Unternehmen?

Die Erfahrungen, die große Unternehmen bei ihren gescheiterten Anläufen zu einer agilen Transformation machen mussten, liefern einige Anhaltspunkte. Meist scheitern solche Initiativen an einem zu engen Verständnis davon, was agil arbeiten bedeutet. So wird beispielsweise oft versucht, mit großem Engagement Best Practices für die agile Entwicklung einzuführen. Nicht beachtet wird dabei, dass gleichzeitig auch proaktives Denken und Anpassungsfähigkeit gefördert werden müssen. Ebenso werden Veränderungen ausschließlich Top-Down vorangetrieben und implementiert, ohne ausreichende Abstimmung und Mitwirkung der Betroffenen.

Nur zu oft wird Agilität mit einem agilen Framework gleichgesetzt. Das greift zu kurz. Ein agiles Framework ist nicht mehr als eine Methodik in der Produktentwicklung. Was wirklich zählt, ist jedoch die Fähigkeit des Unternehmens, sich schneller an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen.

Was wäre also, wenn die Klarstellung des semantischen Unterschieds zwischen der Anwendung agiler Methoden in der Produktentwicklung und echter Agilität Unternehmen am ehesten befähigen würde, agile Arbeitsweisen einzuführen?

Weitere Informationen zu agilen PPM-Methodiken finden Sie in den folgenden Dokumenten:

Artikel teilen auf

avatar

Valerie Zeller

Valerie Zeller ist Chief Marketing Officer bei Sciforma. Valeries Hauptinteressen sind Digitale Transformation, Change Management und Strategieumsetzung. Teilen Sie Ihre Meinung mit @valeriezeller