Warum intelligente Antizipation eine Voraussetzung für höchste Führungsqualität ist

Zusammenfassung der wichtigsten Punkte:

  • Die Bedeutung der Antizipation – also des Vorhersehens von und der Vorbereitung auf Dinge, die in der Zukunft passieren sollten, können oder könnten – wird oft unterschätzt. Dennoch ist Antizipation ein entscheidender Faktor für gute Unternehmensführung. 
  • Dank der Antizipation können Manager und Verantwortliche in Unternehmen auch unter schwierigen Bedingungen optimale Entscheidungen treffen. Eine Schlüsselrolle spielt Antizipation bei der Festlegung und Umsetzung von effektivem Risikomanagement und von Strategien zur Risikominimierung.
  • Allerdings lässt sich nicht alles voraussehen. Wenn sich Annahmen für die Zukunft als falsch erweisen, muss Ihr Unternehmen agil und widerstandsfähig auf unerwartete Ereignisse reagieren können.

Es wurde viel darüber gesagt und geschrieben, was großartiges Management von Unternehmen ausmacht. Die Literatur beschreibt gute Unternehmensführer als Persönlichkeiten, die andere für das Unternehmen begeistern können und bereit sind, Verantwortung für die Folgen ihrer Entscheidungen zu übernehmen. Sie sollten außerdem echte Wissbegier mit verlässlichen ethischen Standards, Empathie und Teamgeist verbinden. Bis zu einem gewissen Grad werden diese Tugenden allerdings von nahezu jedem Beschäftigten oder Mitglied einer Organisation erwartet. Sie finden sie in Anzeigen in jeder Jobbörse.

Kaum jemand erwartet dagegen von “normalen” Beschäftigten eines Unternehmens die Gabe, künftige Rahmenbedingungen vorherzusehen. Über diese Fähigkeit müssen eher Mitglieder der oberen Führungsebenen und Entscheidungsträger verfügen. Und sie macht den Unterschied zwischen herausragenden und durchschnittlichen Führungskräften aus.

Antizipation als wichtige Säule der strategischen Planung

Aus der Sicht eines Entscheidungsträgers in einem Unternehmen kann Antizipation als die Fähigkeit zur Vorausschau beschrieben werden: sich einen wünschenswerten Zustand vorzustellen, der objektiv auch erreichbar ist, sich vorzustellen oder vorab zu erkennen, was geschehen und die Wahrscheinlichkeit steigern oder mindern könnte, dass diese Vision Realität wird, und im Vorfeld die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen. Mit anderen Worten: Antizipation hat sehr viel mit strategischem Denken und Weitblick zu tun.

Wer ein Team, ein Unternehmen oder eine Organisation leitet, sollte möglichst weit in die Zukunft blicken können. Er oder sie muss in der Lage sein, Beziehungen, Verbindungen und Abhängigkeiten zwischen verschiedenen Variablen klar zu verstehen und zu visualisieren, die Auswirkungen jeder Veränderung sorgfältig zu prüfen, die momentane Situation und mögliche Zukunftsszenarien einzuschätzen und passende Maßnahmen vorzuschlagen. Dies alles geschieht mit Hilfe von Projektionen auf der Grundlage fundierter Analysen. Kurz gesagt bedeutet das: Er oder sie muss die Zukunft vorhersagen können.

Die Bedeutung der Risikobewertung

Ohne die Fähigkeit, vorauszudenken, können Unternehmensführer Hürden und Probleme nicht antizipieren, die in der Zukunft auftreten und ihre Pläne gefährden könnten. Das sind Risiken. In unserer zunehmend komplexen und unsicheren Welt ist es wichtiger denn je, Risiken für unsere Unternehmen und Initiativen korrekt zu identifizieren, sie einzuschätzen und zu bewerten. Die Verantwortlichen tragen bei der Ausarbeitung von Plänen und Wegbeschreibungen für ihre Unternehmen auch eine Verantwortung für Risiken, die dazu führen könnten, dass erwartete Ergebnisse oder Nutzen von Projekten nicht erreicht werden. Dafür benötigen sie Fähigkeiten (einschließlich der entsprechenden Kompetenzen und Tools) zur sachgerechten und rechtzeitigen Bewertung größerer technischer, organisatorischer und externer Risiken. Und vor allem die Fähigkeit, Risiken zu erkennen, bevor Schaden entsteht.

Dies steht in direktem Widerspruch dazu, dass viele Menschen dazu tendieren, Risiken zu übersehen. Sämtliche geschäftlichen Aktivitäten bergen zwangsläufig auch Risiken und Unsicherheiten. Wir neigen aber dazu, diese Risiken herunterzuspielen und die Aussicht auf erwartete Gewinne in den Vordergrund zu stellen. Verständlich? Sicher. Wirtschaftlich klug? Nicht wirklich – obwohl es ebenso wenig ratsam ist, ins andere Extrem zu verfallen und höchst unwahrscheinliche Risiken zum Maßstab für Entscheidungen zu machen. Die Aufgabe und Verantwortung von Entscheidungsträgern in Unternehmen ist es also, die richtige Balance zu finden und Risiken und Bedrohungen für das Unternehmen objektiv angemessen zu berücksichtigen.

Nicht alles lässt sich antizipieren

Damit ist klar, dass herausragende Unternehmensführer und Manager bemüht sein werden, realistische Annahmen zu sämtlichen, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eintretenden Chancen und Risiken zu treffen. Aber was ist mit den Sonderfällen? Was ist mit COVID 19? Kein Verantwortlicher in Unternehmen, wie erfahren und talentiert er auch sein mag, konnte sich auf einen so plötzlichen Schock dieses Ausmaßes vorbereiten. Vorkehrungen oder Notfallpläne für ein solches Extremereignis wären im Vorfeld als verrückt betrachtet worden. Auch Unternehmen, die What-if-Szenarien ausarbeiten und künftige Situationen und mögliche Rückschläge vorab durchdenken, schützen sich damit nicht vollständig gegen das Unerwartete. Selbst die fähigsten Unternehmensführer wurden bereits von Ereignissen überrascht, die wie Blitze aus heiterem Himmel einschlugen.

Das bedeutet, dass verantwortungsvolle Entscheidungsträger und Manager bereit sein müssen, angemessen auf Herausforderungen zu reagieren, die sich nicht antizipieren und auf die sie sich nicht vorbereiten konnten. Sie müssen ein gewisses Maß an Unsicherheit akzeptieren. In einer nicht berechenbaren Welt erscheint die Anpassung als unverzichtbare Ergänzung der Antizipation.

Oft wird Antizipation als Kompetenz in der Unternehmensführung unterschätzt und übersehen. Dennoch müssen Entscheidungsträger Muster wahrnehmen und künftige Trends erkennen, damit sie mögliche Resultate analysieren und verstehen und angemessene Aktionspläne entwickeln können. Gleichzeitig ist es ebenso wichtig, sich nicht von eigenen Antizipationen blockieren zu lassen, wie vernünftig und differenziert sie auch sein mögen. Niemand kann die Zukunft exakt vorhersagen. Antizipationen sind Annahmen, nicht mehr. Und Überraschungen sind immer möglich. Wenn Ihnen also Ihre Antizipationen nicht weiterhelfen oder sich als falsch oder ungenau erweisen, seien Sie bereit zu improvisieren!

Weitere, interessante Informationen zu Projekt- und Portfoliomanagement finden Sie in diesen Beiträgen:

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Valerie Zeller

Valerie Zeller ist Chief Marketing Officer bei Sciforma. Valeries Hauptinteressen sind Digitale Transformation, Change Management und Strategieumsetzung. Teilen Sie Ihre Meinung mit @valeriezeller